Der Krebs ist mein Beifahrer

Unheilbar, aber glücklich.

Claudia Altmann-Pospischek
Claudia Altmann-Pospischek

„Der Krebs ist mein Beifahrer – ich werde ihn nicht mehr los. Aber ich sitze hinter dem Steuer und gebe die Richtung und das Tempo vor“ – diese Metapher beschreibt wohl am besten, wie sich mein Leben mit fortgeschrittenem Brustkrebs anfühlt.

 

Die Diagnose kam 2013 aus dem Nichts und hat mir sprichwörtlich den Boden unter den Füßen weggezogen. Mein winziges Mammakarzinom hatte bereits in die Leber und in die Knochen gestreut. Das alles ohne genetische Vorbelastung und trotz regelmäßiger Vorsorgeuntersuchungen; prognostizierte Durchschnittsüberlebenszeit: zwei Jahre. Was folgte, war ein kräftezehrender Therapiemarathon mit Operationen, Chemos, Antihormon- und Antikörpertherapien, Bestrahlungen, Knochenaufbauspritze usw.  

Getragen von viel positiver Energie und ausgestattet mit jeder Menge Lebensfreude, Zähigkeit und Optimismus, gelingt es mir, den Krebs nun bereits seit über sieben Jahren im Zaum zu halten, mal besser – mal schlechter. Erst kürzlich wurden Bauchfell-Metastasen diagnostiziert und in einer 9-stündigen OP samt Chemo entfernt. Stets an meiner Seite mein Mann Peter, meine Familie und meine FreundInnen. Wie es weitergeht? Die Zukunft wird es zeigen. Ich bin unter Dauertherapie – sämtliche Nebenwirkungen inklusive – bis zum allerletzten Tag. Dabei will ich doch nur eines: nämlich leben; und das möglichst lange. Und Spuren hinterlassen.

Metastasen als schwerer Rucksack

Von einer fortgeschrittenen Erkrankung spricht man dann, wenn der Krebs bereits „gestreut hat“, d. h., wenn er irgendwo im Körper Absiedlungen gebildet hat. Damit ist in der Regel der Status „unheilbar“ verbunden – ich bevorzuge allerdings den Terminus „chronisch krank“.
Was unterscheidet eine metastasierte Erkrankung von einer nicht metastasierten Erkrankung?

Metastasierte Frauen …

  • leiden unter einer chronischen, unheilbaren Krankheit
  • können nie wieder in ihr altes Leben einsteigen
  • brauchen Dauertherapie
  • müssen mit fortwährenden Nebenwirkungen und Schmerzen zurechtkommen
  • tragen eine enorme psychische Belastung
  • können in den meisten Fällen nicht mehr arbeiten
  • müssen anhaltende finanzielle Einschnitte hinnehmen
  • sind gezwungen, ihre (familiären) Lebensträume einzuschränken/aufzugeben
  • stellen ihre Familie und ihr Umfeld vor große Herausforderungen
  • sind plötzlich mit der Endlichkeit des Lebens konfrontiert

 

All diese Punkte machen den Rucksack, den man von einem auf den anderen Tag ungewollt umgeschnallt bekommt, äußerst schwer. Doch es bringt nichts, heute daran zu denken, was morgen möglicherweise eintreten könnte. Es gilt, das Leben zu gestalten und zu genießen – getreu meinem Motto: „Every day is an adventure!“ Und das mache ich – mit zahlreichen Reisen, Konzertbesuchen, Treffen und allem, was mir sonst noch Spaß macht. Aber natürlich habe ich auch dunkle Tage, was angesichts dieser Krankengeschichte wenig verwundert. Ich kann nicht immer nur lächeln. Es gibt sie – diese Heultage, diese „Ich seh‘ keinen Sonnenstrahl am Himmel“-Zeiten.

 

 

Gesicht und Stimme einer Krankheit

Im Laufe der Jahre wurde mir immer klarer, dass ich meinen Fokus auf Brustkrebsaktivitäten richten möchte. Dafür brenne ich. Ich will aus meiner Krankheit das Beste machen, möchte Brustkrebsbotschafterin sein, zur Vorsorge aufrufen und Solidarität mit Betroffenen einfordern. Ich liebe es, meine Erfahrung weiterzugeben, Pink Ribbon-Aktionen zu unterstützen und als PatientInnenvertreterin bei (inter-)nationalen Kongressen gehört zu werden.

Damit einher geht die Arbeit an meinem „Sprachrohr“ – meinem Blog „Claudias Cancer Challenge“ – sowie an meinem Buch (Arbeitstitel: „Unheilbar, aber glücklich“). Schreiben ist für mich Teil des Verarbeitungsprozesses. Ich möchte meinen Blickwinkel und meine Tipps an Betroffene und Angehörige weitergeben, sowie ein Gesicht und eine Stimme einer Krankheit sein. Dass mir auf Facebook und Instagram bereits über 15.000 Menschen gesamt folgen, freut mich immens. All das ist der Motor, der mich am Laufen hält.

Mit meinem Blog …

  • porträtiere ich mein Leben als metastasierte Brustkrebspatientin (Krankenhaustermine, Therapien …)
  • schreibe ich über meine Gedanken, Ängste & Wünsche
  • informiere ich über die Krankheit
  • rufe ich zur Vorsorgeuntersuchung auf
  • organisiere ich Veranstaltungen (Stronger together, Pink Cooking, Fotoshootings …)
  • gewähre ich private Einblicke (Reisen, Konzertbesuche …)
  • biete ich PatientInnen, Angehörigen und Interessierten eine Plattform.

 

 

Sichtbarkeit mit dem Meta Ribbon

Mein ganzer Stolz sind die neuen glänzenden, dreifarbigen Meta-Ribbons, welche in Zusammenarbeit mit der Österreichischen Krebshilfe entstanden sind. Sie sollen den verschiedenen Dimensionen der Krankheit Sichtbarkeit verleihen: Das helle Rosa steht dabei für die Ersterkrankung, der mittlere Farbton für das Rezidiv und die dunkle Nuance für das metastasierte Setting. Erhältlich ist der hübsche Ribbon gegen eine freiwillige Spende von 30 Euro bei der Krebshilfe Österreich. Und das Beste daran: Mit dem Erlös werden Frauen mit metastasiertem Brustkrebs in Notsituationen unterstützt.

Bestellungen: service@krebshilfe.net
Info: https://pinkribbon.at/

Zudem habe ich die Meta Mädels Meetings – Treffen metastasierter PatientInnen mit onkologischer Begleitung an unvergesslichen Orten – ins Leben gerufen, moderiere die Facebook-Gruppe „Metastasierter Brustkrebs Österreich“ und engagiere mich in der Frauenselbsthilfe Krebs (FSH).

Ab Januar 2021 - ladies.talk meta

Gemeinsam mit Nadja bietet Claudia ab Januar 2021 ein weiteres neues Format an. Den ladies.talk meta speziell für Frauen mit metastasiertem Brustkrebs in Form von Onlinemeetings. Mehr erfahren und anmelden ...

Mutmachstrategie für ein Leben mit Krebs

In all den Jahren habe ich mir mein eigenes Resilienzkonzept erarbeitet.

So sieht meine 10-Punkte-Mutmachstrategie aus:

  • Setz Dir Fixsterne (Urlaube, Konzerte …) auf Deiner Lichterkette des Lebens
  • Akzeptiere Deine Krankheit und lebe mit ihr als „Beifahrer“
  • Lass Dich in Dein soziales Netz aus Familie und FreundInnen fallen
  • Finde eine/n kompetente/n und empathische/n Onkologen/-in Deines Vertrauens
  • Nimm psychologische Hilfe in Anspruch
  • Suche Dir eine Aufgabe, die Dein Herz erfüllt (Arbeit, Hobby …)
  • Konzentriere Dich auf Deine Bedürfnisse und gehe Deinen Weg
  • Versuche das Positive in all dem Negativen zu erkennen
  • Informiere Dich über Deine Krankheit und alle Behandlungsmöglichkeiten
  • Sei aktiv und lebe im Hier und im Jetzt


In den vergangenen sieben Jahren gab es zahlreiche Hochs und Tiefs, gute und schlechte Untersuchungsbefunde, inspirierende Begegnungen und interessante Erkenntnisse; aber auch schlimme Schockerlebnisse und niederschmetternde Diagnosen. Das Leben mit Krebs ist wie eine Achterbahnfahrt. Ich habe gelernt, das Positive in all dem Negativen zu erkennen; mich auf das Hier und Jetzt zu konzentrieren und den Augenblick zu schätzen.